Zur korrekten Praxis des Taijiquan

Trainingsinhalte

Vorbemerkung

Im fortlaufenden Training des Taijiquan müssen die unten aufgeführten Übungsdisziplinen in ihrer Ganzheitlichkeit verstanden und praktiziert werden. Es werden keine Bewegungsabläufe lediglich als reine Kür einstudiert. Aufbauend auf dem äußeren Rahmen der Übungsdisziplinen werden Theorie und innere Praxis vermittelt. Es wird versucht das Wesen des Systems mit all seinen Facetten zu verstehen. Eine Bewegungs- oder Kampfkunst tiefgründig zu begreifen erfordert ein langjähriges Lernen und Üben.

Übersicht Lehrinhalte

(Stand 01.2017)

Die folgende, vorläufige Übersicht dient zur Orientierung dafür, welche Lehrinhalte innerhalb der Gesellschaft zur Erforschung und Praxis des Kleinen Rahmen Chen-Clan Taijiquan vermittelt werden. Dabei gilt ganz grundsätzlich, dass es sich nicht um fest umrissene Stufen handelt, welche nacheinander abgearbeitet werden können oder müssen. Die unterschiedlichen Inhalte sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden und bedingen einander häufig gegenseitig.

Jibengong: Grundlagenarbeit

Zhan Zhuang: Stehen wie eine Säule: Stehen im schulterbreiten Stand oder mabu zur Übung verschiedener Aspekte der inneren Körperorganisation und mit verschiedenen Armhaltungen

  • Zhanligong: Stehen mit hängenden Armen bzw. Wuji zhuang
  • Baoqiugong: Die Kugel umarmen

Gongfa: Methoden zur Entwicklung der Fertigkeiten

  • Shouxing: Korrektes Verständnis der verschiedenen Hand- und Fausthaltungen.
  • Shoufa: Hand- und Arm-Methodik: korrekte Methodik von Drehen, Drücken, Ziehen, Stoßen, Stechen, Schlagen etc.
  • Bufa: Schritt-Methodik: korrekte Methodik zur langsamen und schnellen Bewegung
  • Buxing: Stellungs-Methodik: korrekte Ausrichtung und Integration aller Körperbereiche und -teil in statischen Stellungen und während der Bewegung
  • Shenxing: Korrektes Verständnis anatomischer Grundgegebenheiten.
  • Shenfa: Körper-Methodik: korrekte Methodik der ganzkörperlichen Strukturen
  • Dangfa: Zwickel-Methodik: korrekte Integration des sphärischen Bereichs etwa zwischen Damm, Innenseite der Oberschenkel und Knie
  • Yanfa: Augen-Methodik: korrekter Einsatz der Augen und der damit verbundenen Intention (yi)

Chansigong: Methode zur Entwicklung vom Abhaspeln des Seidenfadens (zentrales Prinzip im Chen-Taijiquan zur Ausbildung spiralförmiger Kräftestrukturen)

  • Danshougong: Einarmig
  • Shuangshougong: Beidarmig

Xiazhigong: Methode zur Entwicklung der unteren Gliedmaßen

  • Jinbugong: Vorwärtsschreiten
  • Houtuigong: Rückwärtsschreiten
  • Tuigong: Beinarbeit
Chen Peiju mit ihrem Neffen
Chen Peiju mit ihrem Neffen

Neigong bzw. Neijin: Innere Arbeit

Taolu: Formen

  • Sizheng Taijiquan: Das Taijiquan der vier Hauptrichtungen
  • Sizheng Taiji Jian: Das Taiji Schwert der vier Hauptrichtungen
  • Chen Shi Xiaojia Yilu: erste traditionelle lange Form des Kleinen Rahmen Chen-Clan
  • Paochui bzw. Erlu: "Kanonen-Faust-Form", zweite traditionelle Form

Yongfa: Anwendungen

  • Taolu Yongfa: Anwendungsstrategien der Formen
  • Tuishou: Schiebende Hände auch Geshou Schabende Hände oder Dashou bzw. schlagende Hände genannt: klassische Partnerübung mit zahlreichen Varianten und Übungsaspekten
  • Taiji Sanshou: Zerstreute Hände: Übungen des freieren und freien Kampfs
  • Nafa und Qinna: Greif-Hebelmethodik: Methoden des Attackierens von Gelenken, Pressen empfindlicher Körperstellen, Würgen etc.

Waffen

  • Dao: Säbel
  • Jian: Schwert
  • Dadao: Hellebarde
  • Gun: Stock
  • Qiang: Speer
  • Jian: Streitkolben

Theorie

  • Körpermechanik
  • Prinzipien, Leitsätze, klassische Texte
  • Geschichte und Entwicklung des Taijiquan und der chinesischen Kampfkünste
  • Chinesische Philosophie
  • Chinesische Medizin

Sonderprogramme

  • Alte Waffenmethoden
  • Xingyiquan
  • Xinyiquan

Taiji Daoyin

Übungen zum Dehnen und Leiten, sowie dem Öffnen der Gelenke. Zusammenführung von Atmung und koordinierter Körperbewegung. Die Übungen stimmen den Körper einerseits auf die unmittelbar folgende Übungspraxis ein, stellen aber auch unabhängig davon eine relativ leicht zu erlernende Methodik zur Verbesserung des allgemeinen körperlichen Wohlbefindens dar.

Zhan Zhuang Gong

"Stehen wie ein Baum": Stilles Stehen zur Entwicklung der Körperstruktur und dem für das Taijiquan notwendigen "Öffnen und Lösen" (fang-song). Die Praxis reguliert das energetische Gleichgewicht im Körper und nährt dieses nachhaltig. Die Übung wird sowohl im schulterbreiten Stand, als auch im tiefen Stand (mabu) ausgeführt; das Gewicht ist in der Regel gleichmäßig verteilt, kann aber auch zu einer Seite hin verlagert sein. Weitere Aspekte sind u.a. die Ausrichtung des Scheitelpunktes (baihui) und des Dammpunktes (huiyin), Brustbein und unterer Rückenbereich, Einbeziehung des Gehörs, Einsatz und Übung der Vorstellungskraft (yi), Öffnen und Schließen (kai-he).

Tatsächlich geht es vielmehr darum, die körperlichen Bewegungs- und Wirkmechanismen in einer gänzlich neuen Weise "von innen heraus" zu verstehen und aufzubauen (neijin). Hierzu gehört auch die Herausbildung eines realen Körperzentrums (dantian), welches für die spezifischen kämpferischen Qualitäten des Taijiquan unverzichtbar ist. Das Grundlagen-Training wird dadurch zur "inneren Arbeit" (nei-gong), welche seit jeher als Gradmesser für die wirklichen Fertigkeiten (gongfu) und zur Unterscheidung von auf Kraft, Geschicklichkeit und Geschwindigkeit basierenden Systemen dient.

Jiben Gong

Grundübungen zur Kräftigung und Entwicklung des Körpers und der körperlichen Mobilität. Isolierte Übungen zum Verständnis zentraler Prinzipien. Die regelmäßige, idealerweise tägliche Übung wesentlicher Konzepte der Bewegungs- und Kampfkunst Taijiquan bedeutet weit mehr als ein Einschleifen oder Antrainieren bestimmter Reflexe und Reaktionen.

Chan Si Gong

Die Fertigkeit vom "Abhaspeln des Seidenfadens": Spezielle Übungen zum Verständnis der Spiralmethode (chansi-fa) und zur Entwicklung der Spiralkraft (chansi-jin), zentralen Elementen in der Methodik des Chen-Clan Taijiquan. Die windenden, schraubenden, drehenden, rotierenden und bogenförmigen Bewegungen bedeuten einerseits eine räumliche Komprimierung, und stellen andererseits einen Multiplikator der zum Tragen kommenden Kräfte dar.

Sizheng Taijiquan

Von Chen Peishan entwickeltes, auf die Lebensumstände der modernen Zeit zugeschnittenes Taijiquan; basierend auf den Methoden und Prinzipien des traditionellen Chen-Clan Taijiquan. Ideal für Anfänger, zur Gesundheitspflege oder als Ergänzung zu anderen Kampfkünsten und Sportarten. Siehe Artikel "Sizheng-Taijiquan".

Xiaojia Yilu

Erste traditionelle Handform (taolu) in 75 Bewegungsbildern der inneren Kampfkunst des Chen-Clan Taijiquan. Die taolu stellt keinesfalls eine Choreographie dar, deren Übung ästhetischen Gesichtspunkten oder Normen genügen soll; ebenso wenig wie eine Methode zur Entspannung. In ihr sind vielmehr alle wesentlichen philosophischen Ideen sowie körperlichen und kämpferischen Konzeptionen aufbewahrt. Das Üben der taolu ist daher äußerst zielgerichtet, wobei jedoch immer unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden können.

Tui Shou

Die "schiebenden" Hände; zentrale Partnerübung des Taijiquan. In der Grundform "ein Schritt vorwärts, ein Schritt zurück" werden zunächst die Grundkräfte peng, lü, ji und an geübt. Mit zunehmender Bewahrung der Grundprinzipien wie körperlicher Gelöstheit (fang-song) und der Fähigkeit, den Körper und die Intentionen des Partners/Gegners zu spüren (ting-jin) und zu interpretieren (dong-jin) können weitere Aktionen und Elemente wie zhai, lie, jiou, kao sowie qinna (Greifen, Werfen, Hebeln etc.) in das tuishou eingebunden werden. Begleitend zum tuishou und zum Verständnis der taolu steht die isolierte Übung einzelner Prinzipien und kämpferischer Anwendungen mit dem Partner.

Waffen

Die Kampfkunst Taijiquan beschränkt sich nicht auf den waffenlosen Kampf, sondern beinhaltet je nach Stil auch den Umgang mit verschiedenen klassischen Waffen (bing) der chinesischen Kampfkünste. Im Kleinen Rahmen des Chen-Taijiquan beschäftigen wir uns in erster Linie mit dem Schwert (jian), dem Säbel (dao) und der Hellebarde (chunqiu dadao). Waffentraining und Praxis ohne Waffen befördern einander gegenseitig, folgen den gleichen Prinzipien und sind nicht voneinander zu trennen.